«Die Reputation des Diplom-Abschlusses spricht für sich. Der Experte-Lehrgang bereitet die Diplomierten optimal auf Herausforderungen im Controlling und der Rechnungslegung vor.»

Toni Noser, Aarau

Eidg. dipl. Experte in Rechnungslegung und Controlling sowie Master Professional veb.ch in Accounting®

Mitte Juni 2023 sass Toni Noser bei der Abschlussfeier des Vereins für die höheren Prüfungen in Rechnungswesen und Controlling auf der Bühne im Casino Bern, um sich zu seinem Diplom als Experte in Rechnungslegung und Controlling befragen zu lassen. Nun stellte er sich auch Zahlenmeister und dem Fachmagazin von veb.ch als Interviewpartner zur Verfügung.  

Zu Beginn des Gesprächs erfahren wir Toni Nosers Curriculum im Schnelldurchlauf. Nach der Matura folgten ein Praktikum im Treuhandbereich sowie ein Militär- und Reisejahr. Anschliessend arbeitete er sieben Jahre bei Ernst & Young. In diese Zeit fallen auch das Betriebsökonomie-Studium an der Fachhochschule Nordwestschweiz und der grösste Teil der Weiterbildung zum Experten in Rechnungslegung und Controlling. Um sich vollzeit auf die Prüfungen vorbereiten zu können, kündigte er seine Stelle per Ende 2022. Seit Mitte April ist Toni Noser bei der Stadler Winterthur AG als Controller tätig.


Der Wechsel von der Wirtschaftsprüfung in die Industrie klingt nach einer Art Kulturschock ...

(Lacht) Ich habe viele Revisionen gemacht und habe dadurch auch einen Bezug zur Industrie aufgebaut. Teil meines zweiten Vorstellungsgesprächs bei Stadler war eine Führung durch die Produktionshallen. Ich fand es unglaublich spannend, die mechanische Fertigung von Drehgestellen vor Ort mitverfolgen zu können, und hatte mittlerweile die Möglichkeit, zwei Tage in den Produktionshallen zu verbringen. Aus meiner Sicht ist es extrem wichtig, ein Verständnis für die Prozesse und Aufgaben der Mitarbeitenden zu entwickeln. Als Controller kann man nur richtig gut sein, wenn man das jeweilige Kerngeschäft versteht.

Erhöht das auch die Akzeptanz des Controllings im Betrieb?

Definitiv. Es ist wichtig, dass man als Controller nicht nur eine Stimme am Telefon oder eine Mail-Adresse ist, sondern mit den Mitarbeitenden aller Abteilungen, den Team- und Abteilungsleitenden in einem direkten Austausch steht. Dadurch kann ich ihnen auch mein Interesse an ihrer Arbeit signalisieren.


Sie gehören zum ersten Jahrgang, der einen Führungsworkshop als Zulassungsbedingung zur Expertenprüfung absolviert hat. Wie bewerten Sie diese Sequenz?

Bei unserem Beruf sind die Zahlen klar im Fokus. Da tut es gut, sich zur Abwechslung auch mal damit zu befassen, wie eine Botschaft beim Gegenüber ankommt oder wie man mit einem Konflikt umgehen könnte. Ich denke, es hatte für jeden etwas dabei, das er mitnehmen konnte. Obwohl ich aktuell keine Führungsverantwortung habe, ist die Führungskompetenz aus meiner Sicht extrem wichtig.  


Wo liegen Ihre Kernaufgaben?

Ich arbeite intensiv beim Abschluss der Stadler Winterthur AG mit. Ausserdem betreue ich das Kostencontrolling mit einem vierteljährlichen Review mit den Kostenstellenleitenden. Monatlich erstelle ich für die Projektleitenden Übersichtsblätter zum finanziellen Stand ihrer Aufträge. Dies dient auch als Grundlage für die monatlichen Reviews. Daneben mache ich noch diverse Ad-Hoc-Analysen und werde ab August aktiv beim Budgetieren mithelfen. Zum Schluss werde ich der Hauptansprechpartner für die Revisionsstelle sein. Wir haben auch begonnen, gewisse Analysen automatisch im Power BI abzubilden. Dadurch gewinnen wir im Controlling mehr Zeit für die vertiefte Analyse und können die besseren Fragen stellen.


Sie sprechen die Digitalisierung Ihres Berufsfelds an. Wie haben Sie die Premiere dieses Ausbildungsteils in Ihrem Studiengang erlebt?

Es war wertvoll, die Inhalte, Tools und Einsatzbereiche kennenzulernen. Für die Breite des Fachs sind die vier Ausbildungstage allerdings sehr wenig. Gerade die Automatisierung oder das Thema Cyber Security würden mehr Tiefe, mehr Hands-on und Best-practice-Beispiele verdienen. Nach einer guten Premiere kann in den nächsten Jahren sicher noch mehr aus dem Fach herausgeholt werden.


Beim Stichwort Digitalisierung ist die künstliche Intelligenz nicht weit. Wie stehen Sie dazu?

Das Potenzial für Automatisierungen ist gross – trotz aller negativen Begleiterscheinungen der künstlichen Intelligenz. Es wird gut ausgebildete Expertinnen und Experten aber weiterhin brauchen, nicht zuletzt als Schnittstelle zur Technologie. Von der Ablösung der Menschen sind wir noch «ein Momentli» entfernt. Ich werde jedoch alles daran setzen, am Ball zu bleiben, um von den neusten Theorien, Entwicklungen und Möglichkeiten profitieren zu können.


Nach einer Ausbildung im akademischen Bildungsbereich haben Sie auf die Karte der Höheren Berufsbildung gesetzt. Weshalb?

Die Reputation dieses Abschlusses spricht für sich. Der Experten-Lehrgang geht sehr spezifisch auf die Themen im Controlling und der Rechnungslegung ein. Um mich fachlich im Berufsfeld weiterzubilden, war dies genau das Richtige. Ausserdem hat es mir geholfen, von den vielen berufsnahen Dozierenden Beispiele und Problemlösungen aus der Praxis zu hören.

 

Spielte die Aussicht auf die berufliche Vernetzung ebenfalls eine Rolle?

Das war sogar ein wichtiger Beweggrund. Leider litt der direkte Austausch unter der Corona-Pandemie, sodass wir uns zu Beginn im 2020 überhaupt nicht treffen und austauschen konnten. Ich habe es sehr geschätzt, meine Kolleginnen und Kollegen später im Lehrgang noch persönlich kennenzulernen und mit ihnen Erfahrungen auszutauschen. Eine Kollegin hat zum Beispiel eine Umstellung von Swiss GAAP FER auf IFRS hinter sich. Ich wüsste nun, wen ich zu diesem Thema um Rat fragen könnte.

Controller arbeiten häufig in einem internationalen Umfeld. veb.ch hat mittlerweile international taugliche, geschützte Berufstitel eingeführt. Aus Ihrer Sicht ein guter Schritt?

«Bachelor» und «Master» sind jedem ein Begriff, während selbst in der Schweiz längst nicht alle wissen, was ein «eidgenössisch diplomierter Experte in Rechnungslegung und Controlling» ist. Die neuen Titel sind also auch für den heimischen Markt wertvoll. Sie müssen nun möglichst rasch und möglichst breit in den Lebensläufen und auf LinkedIn, XING etc. auftauchen, um Sichtbarkeit zu schaffen.

Es braucht eine veb.ch-Mitgliedschaft, um den Bachelor Professional bzw. den Master Professional veb.ch in Accounting beantragen zu können. Haben Sie Ihre Schnuppermitgliedschaft deswegen gelöst?

Das ist eher ein zusätzlicher Benefit. Nach Gesprächen im Kollegenkreis hätte ich mich so oder so für eine Mitgliedschaft entschieden, um weiterhin gemeinsam Weiterbildungen besuchen zu können und auf dem Laufenden zu bleiben, zum Beispiel mit der Fachzeitschrift.


Themenwechsel ... Wie stark haben Sie auf den Prüfungsbescheid hingefiebert?

Sehr stark (lacht). Von der letzten schriftlichen Prüfung bis zum Prüfungsbescheid vergingen fast zwei Monate. Das fühlte sich sehr lange an. Ich war erleichtert, als der positive Bescheid endlich vorlag.
 

In Ihrem Berufsfeld geht wohl niemand aus der höheren Fachprüfung mit dem Gefühl raus, es sei alles «easy» gewesen. Wie war das bei Ihnen?

Es gab genug Prüfungsteile, bei denen ich dachte: Darauf hätte ich mich besser oder ganz anders vorbereiten sollen. Zum Teil sind die Schwerpunkte anders als erwartet gesetzt worden. Die Prüfung in Corporate Finance war besonders hart, da es sehr viel Stoff bzw. sehr viele Aufgaben in sehr kurzer Zeit zu bearbeiten galt.  


Gibt es Learnings, die Sie einem nächsten Prüfungsjahrgang als Tipp mitgeben können?

An den Prüfungstagen muss man fähig sein, auch mal ein ungutes Gefühl abzuhaken, um den Fokus zu behalten. Das ist mir recht gut gelungen. Durchatmen, auch mitten in einer Prüfung, etwas essen, neu ansetzen. Dann sieht eine Aufgabe, von der man sich hat überraschen lassen, vielleicht schon nicht mehr so kompliziert aus.
 

Und bezogen auf die Lernphase?

Mir war es wichtig, Zeit und einen relativ konstanten Tagesablauf zu haben. Ich habe beruflich ausgesetzt, habe viel Sport getrieben, war häufig draussen. Auch mal abschalten und sich über anderes unterhalten zu können, tat mir gut. Aber da gibt es ganz viele unterschiedliche Strategien – jeder und jede muss die beste Lösung für sich selber finden.
 

Gibt es Zukunftspläne in Sachen Weiterbildung und Karriere?

Ich werde mich sicherlich weiteren Weiterbildungen widmen. Ausserdem bietet Stadler viel Potenzial, um innerhalb des Konzerns wachsen und sich entwickeln zu können. In Absprache mit meinem Chef werde ich mir bis im Winter einen Plan überlegen, wie es weitergehen soll.
 

Toni Noser, herzlichen Dank für das Gespräch!