Eine Berufslaufbahn als Devisenhändler, Reitsport-Sattler und AHV-Revisor
Zwei Mal die Weichen komplett neu gestellt
Zuerst war es die unausgewogene Work-Life-Balance, danach die physische Belastung, die Martin Breitler zu seinen beiden beruflichen Neustarts führte. Seine heutige Rolle als AHV-Revisor vereint alle bisherigen Erfahrungswerte zu einem Berufsalltag, in dem die Balance stimmt.
Herr Breitler, vom Devisenhändler über den Reitsport-Sattler zum AHV-Revisor... Vielfältiger kann ein Berufsleben kaum sein. Weshalb haben Sie die Selbstständigkeit wieder aufgegeben?
Rückenprobleme haben mich dazu bewogen, umzudenken. Ich war Mitte vierzig und wusste, dass ich nicht weitere zwanzig Jahre als Sattler weitermachen konnte. Deshalb hielt ich Augen und Ohren nach Alternativen offen. Der Zufall wollte es, dass genau dann in meinem eigenen Betrieb eine AHV-Revision stattfand. Im Gespräch mit dem Revisor merkte ich bald, dass mich sein Aufgabengebiet interessiert. Mit meinem kaufmännischen Background, der Selbstständigkeit und der Erfahrung als Arbeitgeber brachte ich dafür einen guten Know-how-Mix mit. Die ganze Buchhaltung meines Betriebs hatte ich ja auch selber gemacht.
Haben Sie Erfahrungen aus dem Unternehmertum in Ihre neue Funktion mitnehmen können?
In Bezug auf die Firmengrösse sehen wir alles, von Ein-Mann-Betrieben bis zu internationalen Grossunternehmen. Den grössten Anteil machen KMU mit 20 bis 50 Mitarbeitenden aus. Dort gibt es etliche knifflige Situationen, in denen man als Revisor nicht immer auf Gegenliebe stösst. Wenn ich erzähle, dass ich die Perspektive der Unternehmen selber kenne, entsteht eine gute Gesprächsbasis. Es hilft extrem, wenn man dem Gegenüber auf Augenhöhe begegnen kann. Wir müssen mit den Kunden einen Konsens finden, neben der Kontrolle übernehmen wir deshalb auch eine erklärende und beratende Rolle.
Als Devisenhändler dürften Sie deutlich mehr Geld verdient haben als heute, als Unternehmer hatten Sie deutlich mehr Selbstverantwortung. Was macht den Reiz Ihrer aktuellen Funktion aus?Als Devisenhändler dürften Sie deutlich mehr Geld verdient haben als heute, als Unternehmer hatten Sie deutlich mehr Selbstverantwortung. Was macht den Reiz Ihrer aktuellen Funktion aus?
Im Moment ist das für mich die ideale Situation. Ich konnte meine Work-Life-Balance erneut in Einklang bringen, die Arbeitsbelastung ist gut planbar, ich sehe immer wieder in neue Branchen hinein und arbeite weiterhin komplett selbstständig, denn mein Büro habe ich zu Hause.
Wie kam es zum Entscheid, den Fachausweis im Finanz- und Rechnungswesen zu machen?Wie kam es zum Entscheid, den Fachausweis im Finanz- und Rechnungswesen zu machen?
Die SVA Zürich hat mich aufgrund meiner vielfältigen Erfahrung eingestellt. Im Vorstellungsgespräch hiess es aber auch, dass eigentlich der Fachausweis im Finanz- und Rechnungswesen oder als Treuhänder verlangt sei. Worauf ich relativ locker meinte: «Dann hole ich das halt nach.» Diesen Satz habe ich manches Mal bereut. Ab einem gewissen Alter lernt man nicht mehr so leicht – es war teilweise ein «Chnorz», das muss ich zugeben.
Liessen sich die fachlichen Lücken nicht durch Berufs- und Lebenserfahrung kompensieren?Liessen sich die fachlichen Lücken nicht durch Berufs- und Lebenserfahrung kompensieren?
Teilweise schon. Einige Fächer, wie zum Beispiel die Betriebsbuchhaltung, waren allerdings absolutes Neuland. Mit anderen Themen wie Steuern oder Mehrwertsteuer hatte ich in meinem Betrieb zwar zu tun, aber auf einem einfachen Level. Ich hatte zu beissen. Doch zwei Jahre lang zur Schule zu gehen, um am Schluss die Prüfung nicht zu bestehen – das kam nicht infrage. Dafür war mir meine Zeit zu schade. Es gab Momente, in denen ich lieber mit meiner Familie baden gegangen wäre, als zu lernen. Durchhalten und abschliessen, das war aber mein Ziel. Über meine 5.0 als Notendurchschnitt bin ich natürlich happy.
Würden Sie Ihren Bildungsweg anders planen, wenn Sie das Rad der Zeit zurückdrehen könnten?Würden Sie Ihren Bildungsweg anders planen, wenn Sie das Rad der Zeit zurückdrehen könnten?
Ich würde nicht mehr so lange warten mit einer solchen Ausbildung. Ich habe mich ein bisschen über mich selber geärgert, dass ich während der Selbstständigkeit wenig bis gar nichts für meine Weiterbildung gemacht habe.
Auf sich selber gehört und neue Wege gesucht
Eine Banklehre legte den Grundstein für Martin Breitlers erste, internationale Karriere als Devisenhändler. Aus diesem stressigen Leben stieg er aus, um eine Lehre als Pferdesport-Sattler zu absolvieren. Sechzehn Jahre lang betrieb er seine eigene Sattlerei. Heute ist Martin Breitler AHV-Revisor bei der SVA Zürich und Fachmann im Finanz- und Rechnungswesen (eidg. Fachausweis).